Sozialpolitik aktuell in Deutschland

Krankenversicherung & Gesundheitswesen

Neuregelungen

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Beschlussfassung


12/2015: Krankenhausstrukturgesetz (KHSG)

Finanzierung und Qualitätssicherung

Referentenentwurf (28.04.2015)

Gesetzentwurf (Bundestagsdrucksache 18/5867 vom 26.08.2015)

Bundestagsanhörung am 07.09.2015: Schriftliche Stellungnahmen von Verbänden und Einzelsachverständigen

Gesetz vom 10.12.2015

Inkrafttreten: 01.01.2016 (mit Ausnahmen)

 

Wesentliche Inhalte:

Krankenpflege

  • Zur Stärkung der Pflege am Bett wird ein Pflegestellen-Förderprogramm eingerichtet. In den Jahren 2016 bis 2018 belaufen sich die Fördermittel auf insgesamt bis zu 660 Millionen Euro. Ab 2019 stehen dauerhaft bis zu 330 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung.
  • Der Versorgungszuschlag von 500 Millionen Euro wird ab 2017 durch einen Pflegezuschlag ersetzt. Er wird nach den Pflegepersonalkosten der Krankenhäuser verteilt. Damit erhalten Krankenhäuser einen Anreiz, eine angemessene Pflegeausstattung vorzuhalten.
  • Eine Expertenkommission aus Praxis, Wissenschaft und Selbstverwaltung soll bis spätestens Ende 2017 prüfen, ob im DRG-System oder über Zusatzentgelte ein erhöhter Pflegebedarf von demenzerkrankten, pflegebedürftigen oder behinderten Patienten und der allgemeine Pflegebedarf in Krankenhäusern sachgerecht abgebildet werden und Vorschläge erarbeiten. Außerdem soll die Kommission einen Vorschlag erarbeiten, wie kontrolliert werden kann, dass die Mittel des Pflegestellen-Förderprogramms, ab 2019 auch tatsächlich zur Finanzierung von Pflegepersonal verwendet werden.

Qualität

  • Die Qualität der Krankenhausversorgung wird strenger kontrolliert und verbessert. Qualität wird als Kriterium bei der Krankenhausplanung eingeführt. Die Verbindlichkeit der Qualitätssicherungsrichtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses wird gestärkt. Die Mindestmengenregelung wird nach den Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung rechtssicher ausgestaltet. Die Zahl der aus Qualitätsgründen durchgeführten klinischen Sektionen soll erhöht werden. Die Unabhängigkeit ärztlicher Entscheidungen wird erhöht. Bei der Krankenhausvergütung wird auch an Qualitätsaspekte angeknüpft. So werden Qualitätszu- und -abschläge für Leistungen eingeführt. Die Qualitätsberichte der Krankenhäuser werden noch patientenfreundlicher gestaltet, damit Patienten leichter nutzbare Informationen zur Verfügung stehen. Zudem wird erprobt, ob durch einzelvertragliche Regelungen eine weitere Verbesserung der Qualität der Krankenhausversorgung möglich ist.

Finanzierung

  • Bestehende Zuschläge werden weiter entwickelt und neue Zuschläge eingeführt: Die Rahmenbedingungen für die Anwendung von Sicherstellungszuschlägen werden präzisiert. Krankenhäuser, die an der stationären Notfallversorgung teilnehmen, erhalten Zuschläge entsprechend den vorgehaltenen Notfallstrukturen. Die Rahmenbedingungen für Zuschläge für besondere Aufgaben werden präzisiert. Für neue Anforderungen zur Struktur-und Prozessqualität der Krankenhäuser, die aus Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses erwachsen, können zukünftig zeitnah krankenhausindividuell Zuschläge vereinbart werden.
  • Die Spannweite der Landesbasisfallwerte wird ab dem Jahr 2016 weiter angenähert, wodurch im Jahr 2016 in vielen Ländern die Landesbasisfallwerte angehoben werden.
  • Für die Kalkulation der Entgeltsysteme im Krankenhausbereich ist zukünftig eine repräsentative Grundlage zu entwickeln. Um Fehlanreize zu verhindern, sollen Übervergütungen bei sinkenden Sachkosten abgebaut werden. Dies kommt insbesondere der Vergütung personalintensiver Leistungen zu gute.

Steuerung, Versorgungsstrukturen

  • Die Mengensteuerung in der stationären Versorgung wird in zwei Stufen neu ausgerichtet. In einer ersten Stufe werden ab dem Jahr 2016 die mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz beschlossenen Regelungen zur Einholung von Zweitmeinungen bei mengenanfälligen planbaren Eingriffen eingeführt. Zudem ist durch die Vertragsparteien auf Bundesebene die Bewertung bei Leistungen mit wirtschaftlich begründeten Fallzahlsteigerungen abzusenken oder abzustufen. In einer zweiten Stufe wird ab dem Jahr 2017 die Mengensteuerung von der Landes- auf die Krankenhausebene verlagert. Kostenvorteile, die bei der Erbringung zusätzlicher Leistungen entstehen, werden dann nicht mehr mindernd auf Landesebene berücksichtigt. Vielmehr werden diese zukünftig verursachungsgerecht durch einen grundsätzlich dreijährigen Abschlag (Fixkostendegressionsabschlag) beim einzelnen Krankenhaus berücksichtigt, das diese Leistungen vereinbart. Die Höhe des Abschlags wird auf der Landesebene vereinbart. Ausgenommen von dem Abschlag sind bestimmte Leistungen (z. B. Transplantationen, Versorgung von Frühgeborenen). Für Leistungen, die nicht mengenanfällig sind und für Leistungszuwächse, die durch eine Verlagerung zwischen Krankenhäusern entstehen, gilt ein hälftiger Abschlag.
  • Zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen wird ein Strukturfonds eingerichtet. Dazu werden einmalig Mittel in Höhe von 500 Millionen Euro aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds zur Verfügung gestellt. Mit diesen Mitteln werden Vorhaben der Länder gefördert, wenn diese sich mit einem gleich hohen Betrag beteiligen. So wird maximal ein Volumen in Höhe von 1 Milliarde Euro zur Verfügung gestellt. Die Krankenhäuser erhalten die Fördergelder zusätzlich zu der notwendigen Investitionsförderung durch die Bundesländer.
  • Im Bereich der ambulanten Notfallversorgung werden Krankenhäuser stärker unterstützt. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sollen zur Sicherstellung des Notdienstes entweder vertragsärztliche Notdienstpraxen (sog. Portalpraxen) in oder an Krankenhäusern als erste Anlaufstelle einrichten oder Notfallambulanzen der Krankenhäuser unmittelbar in den Notdienst einbinden. Die Vergütungsregelungen werden entsprechend angepasst. Zudem wird der Investitionskostenabschlag für Kliniken bei der ambulanten Vergütung aufgehoben.
  • Patienten, die nach einem längeren Krankenhausaufenthalt oder einer ambulanten Operation außerhalb eines Krankenhauses vorübergehend weiter versorgt werden müssen, können eine Kurzzeitpflege als neue Leistung der gesetzlichen Krankenkassen in einer geeigneten Einrichtung in Anspruch nehmen. Ergänzend dazu werden die Ansprüche auf häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe erweitert. Damit werden bestehende Versorgungslücken geschlossen, wenn Patienten noch nicht im Sinne der sozialen Pflegeversicherung pflegebedürftig sind und deshalb keine Ansprüche auf Pflegeleistungen haben.

Ausgaben

  • Die Bundesländer müssen die Planung von Krankenhäusern im Rahmen der Daseinsvorsorge auch weiterhin durchführen und die notwendigen Mittel zur Finanzierung der Investitionen für die Krankenhäuser bereitstellen.
  • Das KHSG führt zu Mehrausgaben für die Kostenträger in Höhe von rund 0,9 Milliarden Euro im Jahr 2016, rund 1,9 Milliarden Euro im Jahr 2017, rund 2,2 Milliarden Euro im Jahr 2018, rund 2,4 Milliarden Euro im Jahr 2019 und rund 2,5 Milliarden Euro im Jahr 2020. Von den Mehrausgaben entfallen ca. 90 Prozent auf die gesetzliche Krankenversicherung. Durch strukturell wirkende Maßnahmen (z. B. Zweitmeinung bei mengenanfälligen planbaren Eingriffen, Qualitätssicherungsmaßnahmen und Mengensteuerung) werden gleichzeitig erhebliche Minderausgaben in voraussichtlich dreistelliger Millionenhöhe erwartet.

 

 


11/2015: Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung

Ausbau und Stärkung der ambulanten und stationären Hospiz- und Palliativversorgung

Gesetzentwurf (Bundestagsdrucksache 18/5170 vom 12.06.2015)

Bundestagsanhörung am 21.09.2015: Schriftliche Stellungnahmen von Verbänden und Einzelsachverständigen

Gesetz vom 01.12.2015

Inkrafttreten: Im Wesentlichen 01.01.2016

 

Wesentliche Inhalte:

  • Verbesserung der ambulanten Palliativversorgung und Förderung der Vernetzung in der Regelversorgung 
  • Stärkung der Palliativpflege, Erleichterungen für die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV), Förderung des weiteren Ausbaus der SAPV in ländlichen Regionen 
  • Verbesserte Finanzierung der stationären Hospizversorgung und der ambulanten Hospizarbeit
  • Sterbebegleitung als Bestandteil des Versorgungsauftrags der Pflegeversicherung
  • Einführung eines Anspruchs auf Beratung und Hilfestellung, Förderung der Hospizkultur in stationären Pflegeeinrichtungen 
  • Verbesserung der ärztlichen Versorgung in vollstationären Pflegeeinrichtungen 
  • Anreize für ein individuelles und ganzheitliches Beratungsangebot zur Betreuung in der letzten Lebensphase, Förderung von Palliativstationen in Krankenhäusern

 


07/2015: Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention

Maßnahmen zur Förderung und besseren Finanzierung von Verhaltens- und Verhältnisprävention

Referentenentwurf (20.10.2014)

Gesetzentwurf (Bundestagsdrucksache 18/4282 vom 11.03.2015)

Bundestagsanhörung am 22.04.2015: Schriftliche Stellungnahmen von Verbänden und Einzelsachverständigen Teil 1;
Teil 2, Teil 3

Gesetz vom 17.07.2015

Inkrafttreten:Am 25.07.2015 (mit einigen Ausnahmen)

 

Wesentliche Inhalte:

  • Zusammenarbeit der Akteure in der Prävention und Gesundheitsförderung: GKV, GRV, SPV, GUV und auch die PKV 
  • Festlegung gemeinsamer Ziele in einer Nationalen Präventionskonferenz durch die Sozialversicherungsträger unter Beteiligung insbesondere von Bund, Ländern, Kommunen, der Bundesagentur für Arbeit und der Sozialpartner; Verständigung auf ein gemeinsames Vorgehen ("nationale Präventionsstrategie")
  • Vereinbarung der konkreten Art der Zusammenarbeit bei der Gesundheitsförderung insbesondere in den Kommunen, in Kitas, Schulen, in Betrieben und in Pflegeeinrichtungen. Beteiligt sind die  Sozialversicherungsträger und die Länder und unter Beteiligung der Bundesagentur für Arbeit und der kommunalen Spitzenverbände 
  • Die Soziale Pflegeversicherung erhält einen neuen Präventionsauftrag, um künftig auch Menschen in stationären Pflegeeinrichtungen mit gesundheitsfördernden Angeboten erreichen zu können.
  • Förderung der Impfprävention (Schutzimpfungen) durch verschiedene Maßnahmen. Auch Betriebsärzte können künftig allgemeine Schutzimpfungen vornehmen.
  • Weiterentwicklung der bestehenden Gesundheits- und Früherkennungsuntersuchungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Berücksichtigung der individuellen Belastungen und der Risikofaktoren für das Entstehen von Krankheiten 
  • Einsatz von mehr als 500 Mio. Euro jährlich für Gesundheitsförderung und Prävention von Krankenkassen und Pflegekassen mit dem Schwerpunkt Gesundheitsförderung in den Lebenswelten wie Kita, Schule, Kommunen,  Betrieben und Pflegeeinrichtungen 
  • Erhöhung der finanziellen Unterstützung der gesundheitlichen Selbsthilfe um rund 30 Mio. Euro. Für Selbsthilfegruppen, -organisationen und -kontaktstellen stellen die Krankenkassen ab dem Jahr 2016 je Versicherten 1,05 Euro zur Verfügung.  
  • Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) erhält von den Kassen einen jährlichen Zuschuss in Höhe von 32 Mio. Euro.

 


07/2015: Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der GKV

Sicherstellung der flächendeckenden ambulanten ärztlichen Versorgung, insbesondere in strukturschwachen und ländlichen Regionen, Förderung innovativer Versorgungsformen, Stärkung des Zugangs zur Versorgung und Ausweitung der Leistungsansprüche der Versicherten

Referentenentwurf (21.10.2014)

Gesetzentwurf (Bundestagsdrucksache 18/4095 vom 25.02.2015)

Bundestagsanhörung am 11.03.2015: Schriftliche Stellungnahmen von Verbänden und Einzelsachverständigen Teil 1;
Teil 2, Teil 3, Teil 4

Gesetz vom 16.07.2015

Inkrafttreten: Im Wesentlichen am 22.07.2015

 

Wesentliche Inhalte

  • Verbesserung der ambulanten Versorgung in unterversorgten oder strukturschwachen Gebieten durch Ausweitung der Fördermöglichkeiten und Einrichtung eines Strukturfonds (finanzielle Anreize für die Niederlassung) bei den Kassenärztlichen Vereinigungen (KÄV) 
  • Weiterentwicklung der Gründungsmöglichkeiten für medizinische Versorgungszentren, Beteiligung der Kommunen in ländlichen Regionen
  • Begrenzung der Praxisdichte/Praxisnachbesetzung in überversorgten Gebieten und Ballungszentren durch Aufkauf freigewordener Arztsitze. Soll bzw. Kann-Entscheidungen durch die Zulassungsausschüsse (Ärzte/Krankenkassen) vor Ort bei Überschreitung eines Versorgungsgrads von 140 bzw. 110 Prozent bei bestimmten Arztgruppen und Planungsbereichen 
  • Ausweitung der Weiterbildungsstellen
  • Verbesserung des Zusammenspiels von stationärer und ambulanter Versorgung: Verbesserung des Krankenhaus-Entlassmanagements, erweiterte Möglichkeiten der Verordnung von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln durch Krankenhäuser sowie der Übernahme ambulanter Leistungen 
  • Einrichtung eines Innovationsfonds beim GBA (300 Mio. Euro jährlich, zunächst in den Jahren 2016 bis 2019) ) zur Förderung von Innovationen in der Versorgung und in der Versorgungsforschung
  • Einrichtung von Terminservicestellen bei den KÄV zur Sicherstellung einer zeitnahen Vermittlung an einen Facharzt (Verkürzung der Wartezeiten, Frist von maximal vier Wochen als Ziel) 
  • Überarbeitung der Psychotherapie-Richtlinien durch den GBA (Gemeinsamer Bundesausschuss) zur Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung 
  • Ausweitung strukturierter Behandlungsprogramme (DMP: Disease-Mangement-Programme), Festlegung der Krankheitsbilder durch den GBA  
  • Leistungsanspruch der Versicherten auf Einholung einer unabhängigen Zweitmeinung e bestimmten planbaren und mengenanfälligen Eingriffen (Festlegung der Krankheitsbilder durch den GBA), Aufbau eines strukturierten und qualitätsgesicherten Zweitmeinungsverfahrens  
  • Ausweitung der Wahlrechte bei Leistungen der medizinischen Rehabilitation 
  • Verzicht der Kranken- und Pflegekassen auf Regressforderungen gegenüber freiberuflichen Hebammen
  • Weiterentwicklung der Regelungen zu Wirtschaftlichkeitsprüfungen bei Arznei- und Heilmitteln
  • Anpassung des EBM (einheitlicher Bewertungsmaßstab)
  • Gesetzliche Festlegung des Apothekenabschlags
  • Anspruch auf Krankengeld ab dem ersten Tag der ärztlichen AU-Feststellung
  • Begrenzung der hauptamtlichen Krankenkassenmitarbeiter in den Verwaltungsräten der Medizinischen Dienste der Krankenkassen (MdK) auf maximal ein Viertel der Mitglieder. Flankierung der MdK-Verwaltungsräte durch einen Beirat (je zur Hälfte Vertreter von Pflegebedürftigen und von Leistungsanbietern).