Sozialpolitik aktuell in Deutschland

Krankenversicherung & Gesundheitswesen

Neuregelungen

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Beschlussfassung


03/1999: Gesetz zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse

Neue Entgeltgrenze von 630 DM, Versicherungspflicht von Nebenbeschäftigungenm Verzichtsmöglichkeit auf Versicherungsfreiheit

Gesetzentwurf (Bundestagsdrucksache 14/280 vom 19.01.1999)

Gesetz vom 24.03.1999

Inkrafttreten: 01.04.1999

 

Wesentliche Inhalte:

  • Die Entgeltgrenze für geringfügige Dauerbeschäftigungen wird für alle Sozialversicherungszweige sowie einheitlich in den alten und neuen Bundesländern bei 630 DM/Monat festgeschrieben.

  • Eine geringfügige Dauerbeschäftigung wird mit einer Hauptbeschäftigung zusammengerechnet, sofern letztere Versicherungspflicht begründet.

  • Für AN in geringfügiger Dauerbeschäftigung, die in der GKV (familien-) versichert sind, zahlt der ArbG einen Pauschalbeitrag in Höhe von 10% des Entgelts an die GKV. Ein eigenständiges (neues) Krankenversicherungsverhältnis wird hierdurch nicht begründet; ein (zusätzlicher) Anspruch auf Leistungen erwächst dadurch nicht.

  • Die sog. Geringverdienergrenze, wonach der Beitrag alleine vom ArbG getragen wird solange das Entgelt ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nicht übersteigt, entfällt (Ausnahme: Azubi-Vergütung).

 


07/1999: Zweites SGB III-Änderungsgesetz

Gesetz vom 21.07.1999

Inkrafttreten: 01.08.1999

 

  • Pflichtversicherte und ihre mitversicherten Familienangehörigen, die als Pflichtversicherte oder als freiwillig Versicherte vor 1999 rechtswirksam Kostenerstattung gewählt haben, behalten (als Ausnahme zur Neuregelung im GKV-SolG) den Anspruch, Kostenerstattung zu wählen.

 


12/1999: Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahre 2000 (GKV-Gesundheitsreform 2000)

Gesetz vom 22.12.1999

Inkrafttreten: 01.01.2000

 

Wesentliche Inhalte:

  • Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, sind versicherungsfrei, wenn sie in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren. Dies gilt auch für Ehegatten von Beamten, Selbständigen oder versicherungsfreien AN, wenn sie nach dem 55. Lebensjahr durch die Aufnahme einer mehr als geringfügigen Beschäftigung versicherungspflichtig werden. - Nach der bisher geltenden Regelung konnten diese Personen z.B. durch Veränderungen in der Höhe ihres Arbeitsentgelts, durch Übergang von Vollzeit in Teilzeitbeschäftigung (auch z.B. in Altersteilzeit) oder von selbständiger Tätigkeit in eine abhängige Beschäftigung oder durch Bezug einer Leistung der Arbeitslosenversicherung auch dann Pflichtmitglied in der GKV werden, wenn sie vorher zu keinem Zeitpunkt einen eigenen Beitrag zu den Solidarlasten geleistet haben.

    - Nicht erfasst von der Neuregelung werden:

    (a) Langzeitarbeitslose, die nach HLU-Bezug eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen,

    (b) Personen, die nach längerem Auslandsaufenthalt wieder eine versicherungspflichtige Beschäftigung im Inland aufnehmen (z.B. Entwicklungshelfer),

    (c) Ausländer, die nach Erreichung der Altersgrenze von 55 Jahren erstmals im Inland versicherungspflichtig beschäftigt sind.

  • Ehegatten, die zuvor privat versichert waren, erhalten für die Dauer der Schutzfristen des MuSchG sowie des Erziehungsurlaubs keinen Zugang zur Familienversicherung über die Mitgliedschaft des Ehegatten in der GKV.

  • Vergleichbar den vormaligen Leistungen zur Gesundheitsförderung (1989 – 1996) werden Leistungen zur primären Prävention sowie die Förderung von Selbsthilfegruppen, -organisationen und -kontaktstellen (wieder) in den Leistungskatalog der GKV aufgenommen. Die Krankenkassen können für Präventionsleistungen jährlich einen Betrag von 5 DM pro Versicherten aufwenden; dieser Betrag wird jährlich dynamisiert. Aus dem bisherigen Ermessen bei der Förderung von Selbsthilfegruppen wird eine deutlich weitergehende Sollverpflichtung gemacht. Für die Förderung der Selbsthilfe ist ein Ausgabevolumen von 1 DM pro Versicherten und Jahr vorgesehen, das jährlich dynamisiert wird.

  • Die Spitzenverbände der KK fördern mit jährlich insgesamt 10 Mio. DM im Rahmen von Modellvorhaben gemeinsam und einheitlich Einrichtungen zur Verbraucher- oder Patientenberatung.

  • Die mit dem 2. NOG (1997) eingeführten individualprophylaktischen Leistungen für Erwachsene werden wegen Ineffektivität und Ineffizienz wieder abgeschafft.

  • Das BMG wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auf der Grundlage der Vorschlagsliste des Instituts für die Arzneimittelverordnung in der GKV eine Liste verordnungsfähiger Arzneimittel (aufgeführt als Wirkstoffe und Wirkstoffkombinationen) zu erlassen; auf Grundlage dieser Rechtsverordnung gibt das BMG unverzüglich eine Fertigarzneimittelliste bekannt („Positivliste“).

  • Mit Einführung der Leistung „Soziotherapie“ wird schwer psychisch Kranken eine spezielle Hilfe geboten, die sie unterstützt und befähigt, die für sie notwendigen und in einem individuellen Behandlungs-/Rehabilitationsplan aufgestellten Hilfen in ihrem Lebensfeld wahrzunehmen. Die einzelnen Behandlungselemente werden wie bisher nach den entsprechenden leistungsrechtlichen Vorschriften von den zuständigen Leistungsträgern erbracht. Der Anspruch auf Soziotherapie umfasst die Koordination der im Rahmen des Behandlungsplans zur Verfügung gestellten Hilfsangebote sowie die Anleitung und Motivation zur Inanspruchnahme der Leistungen mit dem Ziel der selbständigen Inanspruchnahme der Leistungen. Die Leistung ist zeitlich befristet auf maximal 120 Stunden innerhalb von drei Jahren bei derselben Erkrankung.

  • Statt der starren dreiwöchigen Regeldauer der Reha-Maßnahmen wird es künftig eine indikationsabhängige Dauer geben. Die bisherigen Zuzahlungen für stationäre Reha-Maßnahmen von 25 DM im Westen und 20 DM im Osten pro Kalendertag werden auf 17 DM im Westen und 14 DM im Osten abgesenkt. Für chronisch kranke versicherte Kinder wird der mögliche Zuschuss bei ambulanten Vorsorgeleistungen von 15 DM auf 30 DM je Kalendertag erhöht.

  • Die KK kann in ihrer Satzung bestimmen, unter welchen Voraussetzungen ein Versicherter, der sich verpflichtet, vertragsärztliche Leistungen außerhalb der hausärztlichen Versorgung nur auf Überweisung des von ihm gewählten Hausarztes in Anspruch zu nehmen, Anspruch auf einen Bonus hat. In der Satzung kann bestimmt werden, welche Facharztgruppen ohne Überweisung in Anspruch genommen werden können. Die Höhe des Bonus richtet sich nach den erzielten Einsparungen.

  • Allgemeinkrankenhäuser mit selbständigen, fachärztlich geleiteten psychiatrischen Abteilungen werden zur ambulanten Behandlung schwer psychisch kranker Patientinnen und Patienten ermächtigt.

  • Die 1996 abgeschaffte Verpflichtung der Apotheken zur Vorhaltung von preisgünstigen (re-) importierten Arzneimitteln wird wieder gesetzlich vorgeschrieben. Damit soll insbesondere auch der Preiswettbewerb für patentgeschützte und nicht der Festbetragsregelung unterworfene Arzneimittel intensiviert werden.

  • Die bisherige starre Aufgabenteilung zwischen der ambulanten und stationären Versorgung wird gezielt durchbrochen, um die Voraussetzungen für eine stärker an den Versorgungsbedürfnissen der Patientinnen und Patienten orientierten Behandlungen zu verbessern. Hierzu bedarf es integrierter Versorgungsformen zwischen Haus- und Fachärzten, zwischen ärztlichen und nichtärztlichen Leistungserbringern, zwischen dem ambulanten und stationären Bereich. Dabei muss insbesondere darauf geachtet werden, dass medizinische Rehabilitationsmaßnahmen den ihnen zukommenden Stellenwert erhalten. Um die dafür notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, erhalten die Krankenkassen die gesetzliche Möglichkeit, Verträge mit einzelnen ambulanten Leistungserbringern bzw. Gruppen von Leistungserbringern und Krankenhäusern abzuschließen, die solche integrierten Versorgungsformen als einheitliche und gemeinsame Versorgung anbieten. Mit der Neuregelung wird die rechtliche Grundlage für die Einführung der integrierten Versorgung geschaffen.

  • Die Wirtschaftlichkeit der Krankenhausversorgung wird verbessert durch:

    • Einbeziehung der stationären Versorgung in die Vorgabe der Beitragssatzstabilität;

    • Stärkung des Vereinbarungsprinzips bei den Verhandlungen über die Pflegesätze;

    • Einführung eines umfassenden leistungsorientierten pauschalierenden Preissystems zum 1. Januar 2003;

    • Aufhebung der zeitlichen Begrenzung der Instandhaltungspauschale für die Finanzierung der großen Instandhaltungsmaßnahmen durch die Krankenkassen;

    • verbesserte Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung durch integrierte Versorgungsverträge und die Vermeidung von unnötigen Krankenhauseinweisungen;

    • behutsame, sachgerechte Ausweitung der ambulanten Behandlungsmöglichkeiten in Krankenhäusern, um stationäre Aufnahmen zu vermeiden, insbesondere beim ambulanten Operieren;

    • Intensivierung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen in Krankenhäusern indem klargestellt wird, dass bei der Budgetvereinbarung auch budgetmindernde Tatbestände (Fehlbelegungsprüfungen und Krankenhausvergleiche) zu berücksichtigen sind;

    • Erweiterung der Möglichkeiten zum Abbau von Fehlbelegungen durch die Prüfungen der Krankenkassen bzw. des Medizinischen Dienstes;

    • Ausschluss unwirksamer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus.

 


12/1999: Haushaltssanierungsgesetz, Artikel 21

Gesetz vom 22.12.1999

Inkraftreten: 01.07.2000

 

  • In der Zeit von Juli 2000 bis Juni 2002 richtet sich die Erhöhung des Krankengelds jeweils nach Ablauf eines Jahres seit dem Ende des Bemessungszeitraums nicht nach der Entwicklung der Nettolöhne, sondern nach der Veränderung des Preisniveaus für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte im Bundesgebiet; prognostiziert wird eine Anpassung um 0,7% (2000) bzw. 1,6% (2001).

 


12/1999: Gesetz zur Rechtsangleichung in der gesetzlichen Krankenversicherung

Gesetz vom 22.12.1999

Inkrafttreten: Im Wesentlichen 01.01.2000

 

  • Ab dem Jahr 2000 wird der gesamtdeutsche vollständige Risikostrukturausgleich eingeführt. Grundlage für die Bestimmung der Transfers im Risikostrukturausgleich sind die standardisierten Leistungsausgaben auf der einen und die beitragspflichtigen Einnahmen der Krankenkassen auf der anderen Seite. Die standardisierten Leistungsausgaben werden nach Rechtskreisen getrennt auf der Grundlage der tatsächlichen Ausgaben der Kassen erhoben, ebenso die beitragspflichtigen Einnahmen. Der Finanzkraftausgleich sorgt dafür, dass der GKV Ost und der GKV West ein gleich hoher Anteil der jeweiligen Grundlohnsumme zur Finanzierung der jeweiligen risikogewichteten Ausgaben zur Verfügung steht. Beim vollständigen amtdeutschen Risikostrukturausgleich entfällt die nach Rechtskreisen getrennte Ermittlung der relevanten Ausgabenwerte. Dies führt zu einer Erhöhung des bisherigen Transfervolumens: Durch die bundesweit einheitliche Ermittlung der standardisierten Leistungsausgaben werden die durchschnittlich höheren Ausgaben West und die niedrigeren Ausgaben Ost zu einheitlichen Werten für die Standardausgaben je Versichertengruppe zusammengefasst; entsprechend wird für die Kassen in den neuen Bundesländern im Vergleich zur rechtskreisgetrennten Ermittlung ein höherer Beitragsbedarf zur Deckung der risikogewichteten Leistungsausgaben ausgewiesen, in den alten Bundesländern ein niedrigerer. Die Transfersumme von West nach Ost zum Ausgleich der unterschiedlichen, beitragsbedarfdeckenden Finanzkraft erhöht sich entsprechend.

  • Ab dem Jahre 2001 gelten bundesweit einheitliche Werte für z.B. die Versicherungspflicht- und Beitragsbemessungsgrenzen, die Einkommensgrenzen der Sozialklausel (vollständige Befreiung von Zuzahlungen) und der Überforderungsklausel (teilweise Befreiung von Zuzahlungen).